Wurden Hinweise auf Kriegsverbrecher unter Asylsuchenden ignoriert?
Berlin (Tagesschau) - Während des starken Flüchtlingszuzugs sind in Deutschland Tausende Hinweise auf mögliche Kriegsverbrecher unter den Asylsuchenden unbearbeitet liegen geblieben. Das geht nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der FDP-Fraktion hervor. Zuerst hatte die "Bild"-Zeitung darüber berichtet.
Danach gab das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von 2014 bis Anfang 2019 rund 5000 Hinweise auf "Straftaten nach dem Völkerrecht" an das Bundeskriminalamt und den Generalbundesanwalt weiter. In insgesamt 129 Fällen seien Ermittlungen aufgenommen worden.
Seehofer: "Hinweise wurden nicht ignoriert"
Bundesinnenminister Horst Seehofer ordnete eine Untersuchung an. Er betonte, diese Informationen seien "nicht einfach von den Sicherheitsbehörden abgelegt worden", sondern "natürlich geprüft worden, auch nach Prioritäten geschichtet worden". Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte auf Anfrage, die Hinweise würden auch in Zukunft für die laufenden Ermittlungen herangezogen. "Verbrechen des Völkerstrafgesetzbuchs unterliegen keinen Verjährungsfristen", betonte der Sprecher.
Die Bewertung einer Meldung des Bamf als "Hinweis" bedeute nicht, dass dieser unmittelbar für ein Strafverfahren verwendbare Informationen enthalte. "Oft handelt es sich bei diesen Hinweisen um allgemeine Informationen über das Kriegsgeschehen in Krisenregionen oder aber zu tatverdächtigen Personen, die nicht identifizierbar sind", sagte der Ministeriumssprecher.
In den Jahren 2015 und 2016 sei es zu einer Vielzahl von "Hinweisen" gekommen. Sofern hinreichende Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat vorlagen, seien durch den Generalbundesanwalt Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Die "Bild" hatte einen Sprecher des Innenministeriums mit den Worten zitiert, man habe wegen der Menge an Hinweisen nicht allen beispielsweise durch polizeiliche Vernehmungen nachgehen können.
FDP-Innenexpertin: Zahlen werfen Fragen auf
"Kriegsverbrecher dürfen in Deutschland keinen Schutz bekommen. Das sind wir auch den Opfern schuldig", machte FDP-Innenexpertin Linda Teuteberg deutlich. "Die Zahlen werfen allerdings die Frage auf, ob die Bundesregierung das in den vergangenen Jahren immer mit der gebotenen Ernsthaftigkeit verfolgt hat."