CDU-Politiker kritisieren Merkel wegen Schülerdemos
Berlin (Spiegel) - Seit Wochen gehen auch in Deutschland Schüler auf die Straße, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren - und zwar während der Unterrichtszeit. Kanzlerin und Ex-CDU-Chefin Angela Merkel hat die Demonstrationen in ihrem jüngsten Video-Podcast dennoch gelobt. Das kommt in ihrer eigenen Partei nicht bei allen gut an.
"Schulzeit ist keine Demozeit", sagte CDU-Bundesvorstandsmitglied Christian Baldauf dem SPIEGEL. Die Märsche seien "eine großartige Initiative und eine Mahnung, die von der Politik gehört werden muss", so der Fraktionschef im rheinland-pfälzischen Landtag. "Das Engagement der Kinder und Jugendlichen wäre aber noch großartiger, würde es außerhalb der Schulzeit stattfinden." Baldauf: "Einige Worte von Kanzlerin Merkel hätte ich mir dazu schon gewünscht."
Der stellvertretende CDU-Chef Thomas Strobl kritisierte Merkel nach ihren Äußerungen indirekt. "Klimaschutz geht uns alle etwas an. Und es ist sehr schön zu sehen, wie viele junge Menschen sich für das Thema einsetzen - ganz aktiv, auf der Straße", sagte er dem SPIEGEL. "Gleichzeitig kann es freilich nicht sein, dass laufend Unterricht aufgrund der Demonstrationen ausfällt", so der Vize-Ministerpräsident und Innenminister von Baden-Württemberg. Strobl: "Im Übrigen wäre der Einsatz für das Thema auch noch deutlicher, wenn die Schülerinnen und Schüler dieses Engagement in ihrer Freizeit ausüben würden."
Vorwurf der Verantwortungslosigkeit - aus der eigenen Partei
Kanzlerin Merkel hatte die Schülerproteste in ihrem Podcast als eine "sehr gute Initiative" bezeichnet. "Ich unterstütze sehr, dass Schülerinnen und Schüler für den Klimaschutz auf die Straße gehen und dafür kämpfen", sagte sie. "Wir können unsere Klimaschutzziele nur dann erreichen, wenn wir auch Rückhalt in der Gesellschaft haben." Gleichzeitig warb die CDU-Politikerin um Verständnis dafür, dass manches nicht so schnell gehe, wie es sich die Schüler wünschten.
Merkels Lob für die Demonstrationen widerspricht bisherigen Äußerungen aus ihrer Partei. Dass die protestierenden Schüler für ihre Aktionen den Unterricht ausfallen lassen, war bislang von führenden CDU-Politikern ausdrücklich kritisiert worden, wenngleich man das Anliegen positiv bewertete. In diesem Sinne äußerten sich unter anderem Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Bundesbildungsministerin Anja Karliczek. CDU-Fachminister aus den Ländern drohten sogar mit Sanktionen.
Schon am Wochenende war Merkel für ihre Äußerungen scharf von der Werteunion kritisiert worden, einer konservativen CDU-Gruppierung. Er halte es für "verantwortungslos, wenn die Bundeskanzlerin Demonstrationen, die regelmäßig die Schulpflicht verletzen, pauschal und uneingeschränkt als 'sehr gute Initiative" bezeichnet", so Werteunion-Chef Alexander Mitsch.
Vergangenen Freitag hatte die junge Schwedin Greta Thunberg, die die Aktion "Friday for Future" ins Leben gerufen hat, in Hamburg mit dortigen Schülern demonstriert.