Schäuble stichelt gegen Ribery und erwartet EU-Verbleib der Briten
Berlin (Welt) - Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble warnt vor verheerenden Folgen von zur Schau gestelltem Reichtum. „Ich verstehe nicht, dass einige besonders erfolgreiche Menschen eines nicht begreifen: Mit der Art, wie sie öffentlich wahrgenommen werden, senden sie fatale Signale aus und werden ihrer Verantwortung damit nicht gerecht“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Es gebe Probleme mit der sozialen Gerechtigkeit. Zentralbanken und Wirtschaftseliten suggerierten, Geld sei im Überfluss vorhanden. „Menschen mit knapp durchschnittlichem Einkommen oder mit durchschnittlicher Rente kann man da nicht mehr erklären, dass das für sie genug sei. Sie werden die Verhältnisse als zutiefst ungerecht empfinden“, erläuterte Schäuble.
Er wies darauf hin, „wie viel Zeit und Akribie in Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen mancher Unternehmen darauf verwendet wird, Gehälter und Pensionen in schwindelerregender Höhe sicherzustellen“. Man solle sich dort lieber mehr mit Mitarbeitern und Kunden beschäftigen.
Für andere Bereiche gelte das ebenfalls. „Auch Fußballer sollten mehr darauf achten, welche Wirkung ihr Verhalten in der Öffentlichkeit hat. Warum muss man Bilder davon verbreiten, ein mit Blattgold überzogenes Steak zu essen?“, fragte Schäuble. Der französische Fußballer Franck Ribéry hatte vor einigen Monaten ein Video veröffentlicht, in dem ihm ein entsprechend verziertes Steak serviert wird.
Schäuble: „Ich glaube, Großbritannien wird irgendwann wiederkommen“
Auch zum Brexit hat Schäuble eine klare Meinung. Der Bundestagspräsident hält einen Verbleib Großbritanniens in der EU für zunehmend wahrscheinlich. „Ich glaube, Großbritannien wird die EU entweder gar nicht verlassen oder irgendwann wiederkommen“, sagte er weiter. „Und ich fühle mich durch die jüngsten Entwicklungen in dieser Überzeugung eher bestärkt.“
Die britische Premierministerin Theresa May hatte zuletzt ihren grundsätzlichen Widerstand gegen eine Verschiebung des Brexits aufgegeben. Die oppositionelle Labour-Partei unterstützt mittlerweile die Forderung nach einem zweiten Referendum.
Bei der europäischen Einigung komme es aber vor allem auf Deutschland und Frankreich an, betonte Schäuble. Die vereinbarte engere Zusammenarbeit der Parlamente in Berlin und Paris helfe dabei, eine europäische Armee „viel schneller“ voranzubringen. „Mit einzelnen gemeinsamen Brigaden ist es nicht getan“, betonte er. „Wir müssen überzeugend erklären, dass es in der Verteidigungspolitik gemeinsam besser geht. Dann bleibt den Nationalisten und Demagogen nicht viel Raum.“
Schäuble rief dazu auf, die Migrationspolitik besser zu erklären. „Wenn man mit den Menschen vernünftig redet, verstehen sie auch, dass Grenzschließungen im 21. Jahrhundert keine Antwort sind. Die Geborgenheit innerhalb nationaler Grenzen gibt es nicht“, sagte er. „Die Welt bleibt ungemütlich – gerade weil es uns so gut geht. Europa kann darauf gute Antworten finden.“
Der Parlamentspräsident machte deutlich, dass der Sieger der Europawahl im Mai nicht automatisch den nächsten Kommissionspräsidenten stellen werde. „Es ist eine Errungenschaft, dass die Kommission der Zustimmung des Parlaments bedarf. Das bedeutet aber nicht, dass der Spitzenkandidat der stärksten Fraktion automatisch Kommissionspräsident wird“, sagte er. „Auch im Europaparlament gibt es Koalitionen. Man muss erst einmal Mehrheiten bilden.“