Bundespolizei sollte vor Anschlag nicht mehr nach Amri-Freund suchen
Berlin (Focus) - Nur drei Wochen bevor sein Freund und Landsmann Amri in Berlin mit einem gestohlenen Lastwagen auf den Breitscheidplatz raste und zwölf Menschen tötete, hat die Berliner Polizei die Fahndung nach dem Amri-Freund Bilal Ben Ammar eingestellt.
Das geht aus einer Nachricht der Islamismus-Abteilung des Landeskriminalamtes an die Bundespolizei vom 14. November 2016 hervor. Darin wird die Bundespolizei angewiesen, die Fahndung nach Ben Ammar zum 26. November einzustellen. Ein Grund für die Entscheidung wird nicht genannt.
Ben Ammar half Breitscheid-Attentäter bei der Flucht
Wie der FOCUS berichtet, soll Ben Ammar Anis Amri nach dem Anschlag vom Berliner Breitscheidplatz bei der Flucht geholfen haben. Auf einem Video soll zu sehen sein, wie er einen Mann mit einem kantholzartigen Gegenstand gegen den Kopf schlägt. Der attackierte Mann liegt bis heute im Koma.
Schon neun Tage nach dem Anschlag fiel auf politischer Ebene die Entscheidung, dass Amris mutmaßlicher Helfer aus dem Land muss. "Seitens der Sicherheitsbehörden und des Bundesinnenministeriums besteht ein erhebliches Interesse daran, dass die Abschiebung erfolgreich verlaufen soll", heißt es in einer dem FOCUS vorliegenden E-Mail vom 28. Dezember 2016 an die Bundespolizei.
Schon 2015 fiel Ben Ammar auf
Die Behörden hatten Ben Ammar schon 2015 auf dem Schirm. Er war aufgefallen, weil er in einem Leipziger Asylbewerberheim gesagt hatte, er wolle sich der Terrormiliz Islamischer Staat anschließen.
Ben Ammar war 2014 gemeinsam mit sechs weiteren Männern nach Deutschland eingereist. Einer von ihnen war der tunesische Islamist Sabri S.. Er soll laut einem Vermerk der Sicherheitsbehörden im Juli 2015 den Berliner SalafistenDenis Cuspert auf einer irakischen Handynummer angerufen haben. In der Folge wurde eine Überwachung der Telekommunikation des Tunesiers angeordnet.
Laut "Bild" lebte Ben Ammar in einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Spandau. Dort soll er etwa IS-Enthauptungen mit Kindern nachgespielt haben. Wie die Zeitung berichtet, habe er von seiner Frau und seinen Kindern in der tunesischen Heimat erzählt - zeitgleich aber auch zahlreiche Affären in Deutschland gehabt.
Amri und Ben Ammar sollen sich in Moschee kennengelernt haben
Wie die "Bild" schreibt, sollen er und Amri sich in einer Moschee kennengelernt haben. Während der Zeit vor dem Anschlag sollen sie gemeinsam auf einer Baustelle gearbeitet haben.
Anis Amri hatte nach dem Anschlag zunächst fliehen können. Wie Bilder von Überwachungskameras belegen, hielt er sich unter anderem in den Niederlanden und in Frankreich auf, bevor er nach Italien weiterreiste. Dort wurde er von der Polizei erschossen.
Ben Ammar wurde am 1. Februar 2017 nach Tunesien abgeschoben. Eine Tatbeteiligung konnte ihm, der sich noch am Vorabend des Anschlags mit Amri getroffen hatte, laut Ermittlungsakten nicht nachgewiesen werden. IS-Terrorist Cuspert soll im Januar 2018 in Syrien bei einem Luftangriff getötet worden sein.