Merkel ruft das „Arabische Liga“ auf, gemeinsam mit der EU auf eine politischen Wandel in Syrien zu drängen
Scharm el Scheich (dpa) - Angesichts von sechs Millionen Syrern, die das Land im Laufe des Konflikts verlassen hätten, brauche es einen "politischen Veränderungsprozess", sagte Merkel am Montag beim Gipfeltreffen der Europäischen Union mit der Arabischen Liga im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich. "Ich habe die Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga gebeten, mit uns gemeinsam auf diesen politischen Veränderungsprozess hinzuwirken."
Konkret forderte Merkel dazu auf, die Bildung eines Verfassungsausschusses voranzubringen und dann eine "inklusive Beratung" darüber zu beginnen, wie die politische Ordnung Syriens in Zukunft aussehen kann. "Das ist deshalb so wichtig, damit alle Syrer sich in Syrien wiederfinden können", sagte Merkel.
Syriens Mitgliedschaft in der Arabischen Liga ist seit 2011 ausgesetzt. Zuletzt war jedoch eine Diskussion entbrannt, das Land wieder aufzunehmen. Europa macht Assad für schwere Menschenrechtsverbrechen verantwortlich und lehnt eine Annäherung ab.
Syriens Regierungstruppen hatten in den vergangenen Monaten große Teile des Bürgerkriegslandes wieder unter Kontrolle gebracht. Die UN bemühen sich seit Monaten erfolglos darum, den vor mehr als einem Jahr vereinbarten Verfassungsausschuss zu bilden.
Das Treffen in Scharm el Scheich ist der erste Gipfel von EU und Arabischer Liga überhaupt. Beide Seiten wollten trotz schwerer Meinungsverschiedenheiten ein Zeichen der Annäherung setzen.
Bei den Teilnehmern handele es sich um Länder "in unmittelbarer Nachbarschaft", sagte Merkel. "Und das Schicksal der Europäischen Union hängt von dem Schicksal dieser Länder der Arabischen Liga auch ganz unmittelbar mit ab." Europa sei an wirtschaftlicher Prosperität in der Region interessiert. Das könne aber nur gelingen, "wenn es starke Zivilgesellschaften gibt, wenn die Menschenrechte eingehalten werden", erklärte die Kanzlerin.
Viele arabische Länder stehen wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik. Unter der Führung von Präsident Abdel Fattah al-Sisi geht zum Beispiel das Gipfel-Gastgeberland Ägypten mit harter Hand gegen Kritiker vor. Tausende Menschen sitzen aus politischen Gründen in Haft, die Meinungsfreiheit ist massiv eingeschränkt. Al-Sisibegründet das Vorgehen mit dem Kampf gegen den Terror. In Scharm el Scheich forderte er die Europäer auf, diesen gemeinsam zu verstärken.
In Scharm el Scheich trafen sich rund 50 Könige, Emire, Präsidenten und Regierungsvertreter unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen. Als prominentester europäischer Vertreter blieb Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dem Gipfel fern. Auch Katars Emir Tamim erschien wegen diplomatischer Verstimmungen nicht. Ägypten gehört zu den arabischen Ländern, die eine Blockade über das Emirat verhängt haben.
Zum Abschluss des Gipfels ging es am Montag unter anderem um die Krisen im Jemen und in Libyen. Zum Ende des zweitägigen Treffens wollten beide Seiten am Montag eine Abschlusserklärung veröffentlichen. Es wird damit gerechnet, dass diese allgemein gehalten wird und Konfliktthemen wie etwa unterschiedliche Ansichten zum Iran-Atomabkommen ausspart.
Die Erwartungen an den Gipfel waren gering gewesen. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sah das Treffen als solches schon als Botschaft. Die EU will ihre Zusammenarbeit mit den Nachbarn verstärken, etwa um die illegale Migration, aber auch Fluchtursachen bekämpfen zu können. Merkel versprach sich von dem Treffen auch eine stärkere europäische Position in den globalen Konflikten mit den USA, China und Russland.
Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich nannte den Gipfel wegen der Menschenrechtslage in der arabischen Welt "sehr heikel" und forderte Merkel auf, das Thema deutlich anzusprechen. "Es wird darauf ankommen, ob die Bundeskanzlerin es schafft, nicht die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen, sich insbesondere mit diesen Potentaten gemein zu machen", sagte Mützenich im Deutschlandfunk.
Merkel tauschte sich am Rande des Gipfels auch mit der britischen Premierministerin Theresa May über die nächsten Schritte bis zur geplanten endgültigen Abstimmung über das Brexit-Abkommen im Parlament in London Mitte März aus. Die schwierigen Modalitäten im Zusammenhang mit dem geplanten Austritt Großbritanniens aus der EU hätten dabei im Mittelpunkt gestanden, sagte ein Regierungssprecher.
Zudem traf sich die Kanzlerin mit dem libyschen Ministerpräsidenten Fajis al-Sarradsch und sprach mit ihm über die Krise in dem nordafrikanischen Land. Durch Libyen laufen die wichtigsten Routen von Migranten, die über das Mittelmeer von Afrika nach Europa wollen.
Ü