Steinmeier gratuliert Iran „auch im Namen meiner Landsleute”, und erntet Kritik
Berlin (Stern) - Ein Glückwunschtelegramm von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bereitet dem deutschen Staatsoberhaupt Ärger. Steinmeier hatte zum 40. Jahrestag der Islamischen Revolution am 11. Februar eine Grußbotschaft nach Teheran geschickt, wie die "Bild"-Zeitung (Bezahlinhalt) und der "Tagesspiegel" berichten. "Zum Nationalfeiertag der Islamischen Republik Iran übermittle ich Ihnen, auch im Namen meiner Landsleute, meine herzlichen Glückwünsche", schrieb Steinmeier demnach an den iranischen Staatspräsidenten Hassan Ruhani.
Das Problem: Der Nationalfeiertag im Iran markiert die Machtergreifung durch den geistlichen Führer Ajatollah Ruhollah Chomeini, der von seinem Exil in der französischen Gemeinde Neauphle-le-Château aus den Sturz von Schah Mohammad Reza Pahlavi vorbereitet hatte. Mit der Islamischen Revolution begann eine Terrorherrschaft, in der politische Gegner eingesperrt, gefoltert und hingerichtet werden und die Rechte von Frauen massiv eingeschränkt sind. Zudem unterstützt Teheran den syrischen Diktator Baschar al-Assad und die israelfeindliche schiitische Hisbollah-Miliz und stellt auch selbst das Existenzrecht Israels infrage.
Menschenrechtler von Frank-Walter Steinmeiers Brief schockiert
Von der FDP gab es denn auch Kritik an Steinmeiers Gratulation: Der kritische Dialog mit dem Iran sei zwar wichtig, aber dazu gehöre es definitiv nicht, "dass ein deutscher Bundespräsident dem Regime zum 40. Jahrestag seiner Machtergreifung gratuliert", sagte der außenpolitische Sprecher der Liberalen im Bundestag, Bijan Djir-Sarai der "Bild".
Und der Deutschland-Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Wenzel Michalski, nannte die Glückwünsche aus Bellevue der Zeitung gegenüber "schockierend": "Bei aller Sympathie für Kooperation auf unterschiedlichen Ebenen – das geht viel zu weit", so Michalski. Selbst wenn solche Glückwünsche zu den diplomatische Gepflogenheiten gehörten, denen man folgen müsse, müsse man in einem solchen Brief zumindest Kritik üben.
Steinmeier hatte in seinem Schreiben an Ruhani laut dem "Tagesspiegel" erklärt, man wolle "den Dialog zwischen Iran und Deutschland sowie den europäischen Partnern weiter intensiv pflegen". Nur mit "gemeinsamen, konstruktiven Anstrengungen aller Beteiligten“ könnten Krisen und Konflikte überwunden werden. Zugleich habe der Bundespräsident Teheran zugesichert, Deutschland werde tun, was in seiner Macht stehe, um die Bewahrung und weitere Umsetzung des Atomabkommens mit dem Iran zu sichern.
Präsidialamt beruft sich auf "jahrelange Praxis"
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour betonte im "Tagesspiegel", der Anlass des Grußes sei nicht der Jahrestag der Revolution gewesen, sondern der Nationalfeiertag. Es sei übliche diplomatische Praxis, zu einem solchen Anlass zu gratulieren. Man könne aber über die Wortwahl streiten: "Die Bewahrung des Atomabkommens ist eine richtige Forderung, die Kritik an der prekären Menschenrechtslage im Iran wäre es aber auch", sagte Nouripour dem Blatt.
Steinmeier hatte dem Bericht zufolge am Ende seines Schreibens lediglich angemerkt: "Anlässlich dieses für die Islamische Republik Iran so wichtigen Feiertages möchte ich Sie dazu ermutigen, auch die kritischen Stimmen in Ihrem Land anzuhören und mit ihnen einen offenen Dialog zu ihren Anliegen und Sorgen zu führen."
Das Bundespräsidialamt erklärte zu der Kritik an Steinmeiers Botschaft: Der Glückwunsch entspreche "der jahrelangen Staatspraxis der Bundesrepublik Deutschland". Der Ton solcher Telegramme sei grundsätzlich positiv.