Wie Kramp-Karrenbauer ihren Konkurrent Merz besiegen konnte
Berlin (FR) - Die neue CDU-Chefin hat einen schwarz-weiß karierten Kittel angezogen und ein Tuch um den Kopf gebunden. Sie hat einen riesigen Besen in der Hand und fegt damit ein wenig vor sich hin. Sie steht auf einer Bühne, zwei Monate ist Annegret Kramp-Karrenbauer nun im Amt. Und wenn das, was sie nun sagt, eine politische Rede wäre, dann gäbe es vermutlich einigen Ärger. Aber im Saal sitzen keine Parteidelegierten, sondern Menschen mit Narrenkappen, bunten Perücken und Teufelshörnern, auch ein paar Politiker sind dabei.
Es ist die zentrale Karnevalsveranstaltung im Saarland, die „Saarländische Narrenschau“. Versammelt sei „die karnevalistische Elite“ des Bundeslands, steht in der Pressemitteilung des Verbands Saarländischer Karnevalsvereine, der auch Journalisten um „entsprechende Kleidung“ gebeten hat. Es gibt also Kamerafrauen im Erdbeerkostüm und Kabelhilfen im Fuchs-Anzug.
Kramp-Karrenbauer tritt als „Putzfrau Gretl“ auf. Das hat sie mehrere Jahre als Ministerpräsidentin so gemacht, die Putzfrau vom Landtag war da ihre Rolle. Jetzt ist sie nochmal dabei, sie hat es versprochen im vergangenen Jahr als sie nicht kommen konnte wegen der Koalitionsverhandlungen im Bund. Seitdem hat sie den Job gewechselt. Sie habe sich „ins Konrad-Adenauer-Haus hochgeputzt“, freut sich der Moderator. „Ich weiß nicht, wie das passieren konnte“, sagt Kramp-Karrenbauer und stützt sich auf ihren Besen.
Sie habe bei den Koalitionsverhandlungen eigentlich nur mal ausgeholfen, den Teppich gekehrt und solche Sachen. Und dann habe sie bleiben müssen. Es seien so viele Saarländer in der Berliner Politik gewesen: „Was die an Dreck machen, das muss irgendwer aufräumen.“ Sie spricht im saarländischen Dialekt, mit „un“ statt „und“ und „han“ statt „habe“. Kramp-Karrenbauer ist nun beruflich mitten drin in Berlin. Ihr Blick als Putzfrau verlangt und erlaubt ihr Distanz und dabei wird es bisweilen derb.
Rempler für Merkel
Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel wird etwa als nicht Feinstaub-unproblematisch abgeheftet, weil er „100 Prozent heiße Luft“ produziere. Und auch Angela Merkel bekommt noch einen Rempler ab: In der Debatte um den Umgang mit dem Wolf, verhalte sich die CDU wie immer, stellt Kramp-Karrenbauer als Putzfrau fest.
„Sie wartet ab, wie der Wind sich dreht.“ Kramp-Karrenbauer ist ja noch nicht so lange CDU-Chefin. Über die CSU und ihr aggressives Verhalten im Streit um die Flüchtlingspolitik hat sich die Politikerin Kramp-Karrenbauer besonders geärgert. Bei der Karnevalistin Kramp-Karrenbauer bekommen die CSU-Spitzenleute eine anders geartete besondere Beachtung: Landesgruppenchef Alexander Dobrindt habe als Verkehrsminister „so viel nicht auf die Reihe gebracht“, Bundesinnenminister Horst Seehofer wird zum „bayerischen Urgestüm“, den die CSU nicht in Bayern behalten wollte.
Der neue CSU-Chef Markus Söder habe in Bayern eine „Kampagne zur endgültigen Rettung des christlichen Abendlandes“ gestartet und in allen Behörden das Kruzifix durch ein Seehofer-Bild ersetzt, weil sich davor alle gleich drei Mal bekreuzigten.
Das Rennen um den CDU-Vorsitz bezeichnet Kramp-Karrenbauer auf der Bühne als Castingshow. Ihr Konkurrent Friedrich Merz? „Der Wiedergänger der deutschen Politik.“ Der zweite Wettbewerber Jens Spahn?
„Ein Gesundheitsminister, der sich um alles kümmert, außer um Gesundheit.“ Und diese Kramp-Karrenbauer? Da kann die Putzfrau auch etwas berichten: Friedrich Merz habe auf einer Regionalkonferenz auf der Bühne gestanden und gefordert, es solle aufstehen, wer sich für „nicht ganz so schlau“ halte. Kramp-Karrenbauer habe sich erhoben – mit den Worten „Ich wollte dich nicht alleine stehen lassen“. Wäre das auch mal gesagt.