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Merkel wurde auf der Münchner Sicherheitskonferenz von den Gästen gelobt

Sonntag 17.Februar.2019 - 06:17
Die Referenz
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Berlin (Welt) - Als Angela Merkel ihre Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz beendet hatte, spendeten die Zuschauer im Hotel „Bayerischer Hof“ stehend Applaus. Auch die Vertreter des Koalitionspartners der Bundeskanzlerin, der SPD, waren angetan vom Plädoyer der Christdemokratin für den Multilateralismus – und brachten das ihrem Publikum in den sozialen Netzwerken umgehend zur Kenntnis.

 

„Starker Auftritt von Angela Merkel“, twitterte der Sozialdemokrat Fritz Felgentreu: „Humorvoll mit klaren Botschaften.“ Niels Annen, Staatssekretär im Außenamt, hatte eine „starke Rede“ gehört, sein Kollege Wolfgang Schmidt aus dem Finanzressort eine „sehr gute und engagierte“. Der SPD-Politiker ging sogar noch einen Schritt weiter: Manchen beschleiche der Eindruck, „ein ordentliches Regieren dieser Koalition mit dieser Kanzlerin wäre für Deutschland, Europa und die Welt vielleicht doch nicht so schlecht“.

 

Alles in Butter also in der schwarz-roten Koalition? Das ist ein oberflächlicher Eindruck. Wer abseits des wolkigen Bekenntnisses zur internationalen Kooperation, das auch der sozialdemokratische Außenminister Heiko Maas zur Aufführung brachte, genau hinhörte bei den Auftritten der Regierungsvertreter in München, der kam zu einem ganz anderen Ergebnis.

 

In zentralen sicherheitspolitischen Fragen liegen CDU/CSU und SPD nämlich weit auseinander. Womöglich führen die „inneren Kämpfe“, wie Merkel das Zustandekommen von außenpolitischen Entscheidungen ihrer Regierung beschrieb, demnächst gar zum Bruch.

 

„Lässt man die diversen Äußerungen Revue passieren, die führende SPD-Außenpolitiker sowie die Parteichefin selbst in den letzten Tagen zu den Fragen des INF-Vertrags, des Zwei-Prozent-Ziels der Nato, zur Rolle der Allianz im Allgemeinen und zur Erhöhung des Verteidigungsetats gemacht haben, so kommt man nicht umhin festzustellen, dass die SPD die sicherheits- und verteidigungspolitischen Grundlagen der Koalition aufgekündigt hat und sich in fast allen zentralen Fragen gegen die Unionsparteien positioniert“, stellt der Politikwissenschaftler Carlo Masala von der Bundeswehr-Universität München fest.

 

Deutschland im sicherheitspolitischen Sturzflug

Dahinter, so vermutet er, stecke „möglicherweise die Strategie nach einem Bruch der Koalition“, jedenfalls aber der Versuch, sich den Deutschen bei kommenden Wahlen „als die Friedenspartei“ zu präsentieren.

 

Tatsächlich gibt es diese Überlegungen in der SPD und ihrer Bundestagsfraktion. In München wurde das in Nuancen sichtbar. Während Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) betonte, die Bundesregierung halte am Zwei-Prozent-Ziel der Nato fest und müsse dafür „noch mehr tun“, sagte Maas: „Sicherheit bemisst sich für uns nicht allein in wachsenden Verteidigungsbudgets.“

 

Auch bezüglich der deutschen Reaktion auf das absehbare Ende des INF-Vertrags über nuklear bestückbare Mittelstreckenraketen, den die USA aufgrund russischer Vertragsverletzungen gekündigt haben, gibt es Dissens. Von der Leyen sagte, dass Deutschland und die Nato „auf die erhöhte Gefahr, die die russischen Waffen gerade für uns in Europa bedeuten, reagieren müssen“.

 

Dafür sei ein kluger Mix an Maßnahmen erforderlich. Laut Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg soll dazu nach Möglichkeit keine nukleare Nachrüstung gehören, konventionelle aber sei eine Option. Genau die lehnte der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich bereits ab, wobei er einen „tief greifenden Dissens“ mit dem Koalitionspartner einräumte.

 

Auch den Kauf neuer Kampfflugzeuge zur Sicherstellung der nuklearen Teilhabe Deutschlands hat die SPD bereits verzögert. Womöglich deshalb erinnerte der CSU-Außenpolitiker Florian Hahn in München daran, dass Nato-Chef Stoltenberg Mitglied der norwegischen Arbeiterpartei ist: „ein verantwortungsvoller Sozialdemokrat, der für unsere Sicherheit kämpft“. Davon könnten sich viele in der SPD-Bundestagfraktion „eine Scheibe abschneiden“.

 

Schwerwiegend sind die Differenzen zwischen Schwarzen und Roten auch in der Rüstungsexportpolitik. Merkel plädierte für eine Lockerung der strengen deutschen Richtlinien, weil anders keine engere Kooperation mit Frankreich bei der Entwicklung von Waffensystemen möglich sei. Mit Blick auf den Widerstand der SPD sagte die Kanzlerin: „Da haben wir in Deutschland noch viele komplizierte Diskussionen vor uns.“

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