Lindner warnt vor den wachsenden staatlichen Eingriffen Ü
Berlin (Reuters) - In der Auseinandersetzung mit China hat FDP-Chef Christian Lindner vor einer falschen Weichenstellung in der Industriepolitik gewarnt.
“Mich überzeugt nicht, dass wir wegen des Wettbewerbs mit den Chinesen selbst chinesischer werden sollen”, sagte Lindner am Montag im Reuters-Interview zu Vorschlägen von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zur Industriepolitik. Schon heute gebe es zu viele staatliche Eingriffe. Der Staat könne nicht das Kommando ausgeben, wo die Produkte der Zukunft lägen. “Die Bilanz der Energiewende und der Stillstand beim Flughafen Berlin-Brandenburg sind nicht die beste Referenz dafür, dass der Staat jetzt am Reißbrett die gesamte wirtschaftliche Entwicklung verantworten sollte.”
Hintergrund sind Vorschläge Altmaiers zum Aufbau eines nationalen Beteiligungsfonds. Dieser soll eingreifen, um bei ausländischen Übernahmen Nachteile für die eigene Volkswirtschaft und das gesamtstaatliche Wohl abzuwenden. Altmaier schlug zudem vor, industrielle Schlüsselbereiche und bahnbrechende Technologien zu definieren.
Der FDP-Chef warnte auch vor einer Abschottung gegenüber China. “Wir wollen doch mit den Chinesen kooperieren, wir wollen doch in China erfolgreich sein als Exportnation.” Deshalb dürfe man sich nicht abschotten und den Freihandel einschränken. Viel wichtiger sei, selbst in der Energie-, Steuer- und Bildungspolitik sowie bei der Infrastruktur wettbewerbsfähiger zu werden. Der Staat setze die Rahmenbedingungen für Wachstum.
Außerdem forderte Lindner die Lockerung der Anlagebeschränkungen für Lebensversicherungen. Es sei genügend Kapital vorhanden, das müsse aber nicht durch in “Stein und Staatsanleihen” fließen. Hintergrund ist die Debatte, dass es Versicherern erlaubt werden sollte, mehr Geld in Wagniskapital oder Aktien zu investieren. Das helfe auch den Anlegern, weil höhere Renditen erwirtschaftet werden könnten, sagte Lindner.
Deutschland habe viele Weltmarktführer, sagte der FDP-Chef zu der Debatte über die Bildung nationaler und europäischer Champions. Man brauche sicher mehr Konzerne wie SAP oder Daimler. Aber auch hier solle die Politik vor allem für gute Rahmenbedingungen sorgen und nicht das Auto verteufeln. “Wir brauchen nationale Champions, aber die entstehen aus dem Wettbewerb bei guten Rahmenbedingungen und nicht am Schreibtisch von Herrn Altmaier.”
Skeptisch äußerte sich Lindner zu einer Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank. Deutschland brauche “starke private Institute, die auch im Weltmaßstab wahrnehmbar sind, die unsere exportorientierte Wirtschaft in die Welt begleiten können”, sagte Lindner. “Aber eine von der Bundesregierung arrangierte Zwangsfusion ohne Geschäftsmodell - das ist nicht das, was uns helfen würde.” Er sei dafür, dass sich der Staat aus dem Bankensektor weitgehend heraushalte. Zugleich betonte Lindner die Bedeutung von Banken für die deutsche Wirtschaft. “Im Bankensektor haben wir schon eine starke Bindung an die Volkswirtschaft.” Eine oder mehrere starke private Banken neben Sparkassen und Genossenschaftsbanken wären deshalb sinnvoll.