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Papst in Abu Dhabi: "Kluft zwischen Freund und Feind überwinden"

Donnerstag 07.Februar.2019 - 02:29
Die Referenz
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Abu Dhabi (Zdf) - Erstmals fand am Dienstagmorgen mit dem Gottesdienst im größten Sportstadion in Abu Dhabi und auf den anliegenden Plätzen eine christliche Massenveranstaltung im öffentlichen Raum statt. Beides wäre noch vor wenigen Jahren nicht denkbar gewesen. Doch sowohl die geopolitischen Veränderungen der jüngeren Vergangenheit als auch die Persönlichkeit des amtierenden Papstes machten die Reise möglich.

 

Franziskus trat auch in Abu Dhabi bescheiden auf, hatte aber eine klare Botschaft. Er forderte Religionsfreiheit für alle. "Jedes Glaubenskenntnis ist aufgerufen, die Kluft zwischen Freund und Feind zu überwinden", erklärte das Kirchenoberhaupt bei einer interreligiösen Friedenskonferenz. Dass er gemeinsam mit Großscheich Ahmed al-Tayyeb von der Al-Azhar-Universität in Kairo eine Erklärung unterzeichnete, in der jeglicher Gewalt im Namen von Religion eine Absage erteilt wird, ist aus vatikanischer Sicht ein Erfolg. Die Al-Azhar-Moschee gilt als die führende Hochschule des sunnitischen Islam. Mit der Erklärung verpflichten die prominenten Unterzeichner ihre Glaubensbrüder darauf, "dass Religionen niemals Krieg, Hass, Feindseligkeit und Extremismus anregen dürfen. Sie dürfen auch nicht zu Gewalt oder Blutvergießen anstacheln". 

 

Franziskus nahm mit der Reise in Kauf, dass sie auch politisch instrumentalisiert wird. Die Herrscher in Abu Dhabi nutzten die Gelegenheit, um ihr Land als tolerant und dem Frieden verpflichtet darzustellen. Weil das Emirat die Militärallianz Saudi Arabiens im Jemen unterstützt, hatten Kritiker der Reise im Vorfeld den Papst zu einer Absage drängen wollen. Doch Franziskus zog es vor, vor Ort das Thema klar anzusprechen. Er forderte eine "Entmilitarisierung der Herzen", kritisierte "das Wettrüsten, die Ausweitung der eigenen Einflussbereiche und eine aggressive Politik zum Nachteil anderer" und beklagte die "Logik bewaffneter Macht". In diesem Kontext denke er "insbesondere an Jemen, Syrien, Irak und Libyen", so Franziskus.

 

Neben den religionspolitischen Fragen stand für den Papst die kleine christliche Gemeinschaft auf der Arabischen Halbinsel im Fokus der Reise. Hier zeigte sich der Seelsorger Franziskus. "Ich bin gekommen, um euch Danke zu sagen, wie ihr das Evangelium lebt." Der Papst zollte den Christen Respekt, die unter oft schwierigen Bedingungen ihren Glauben leben. Auf der einen Seite leiden sie unter der eingeschränkten Religionsfreiheit, auf der anderen Seite unter der großen Entfernung von ihrer Heimat. Denn die christlichen Gemeinschaften in der Region bestehen fast ausschließlich aus Arbeitsmigranten. Franziskus machte den Christen Mut. Gott erwarte keine großen Wunder, sondern "die Heiligkeit des alltäglichen Lebens".

 

Eine wichtige Mahnung hatte Franziskus an die eigenen Gläubigen, die zugleich aber auch eine klare Botschaft an die anderen Religionen war. Er erinnerte daran, was der heilige Franz von Assisi vor 800 Jahren seinen Mitbrüdern für die Begegnung mit den Andersgläubigen mit auf den Weg gab: "In jener Zeit, als viele mit schweren Rüstungen angetan loszogen, erinnerte der heilige Franziskus daran, dass der Christ nur mit seinem demütigen Glauben und seiner konkreten Liebe ausgerüstet aufbricht".

 

Die Botschaft des Papstes ist klar: keine Gewalt im Namen der Religion. Vielmehr müssten die Religionen sich aktiver für den Frieden einsetzen, als sie das bisher noch getan haben. "Entweder wir bauen die Zukunft gemeinsam, oder es gibt keine Zukunft", zeigte sich Franziskus bei der interreligiösen Friedenskonferenz überzeugt. Dass er für dieses Treffen eigens nach Abu Dhabi gereist ist, macht deutlich, wie wichtig Franziskus die Förderung des interreligiösen Dialogs ist. Er beweist damit auch Mut, weil für den Vatikan im Vorfeld nicht abzuschätzen war, wie die Reise verlaufen wird und welche politischen Implikationen damit verbunden sind.

 

Die Rede des Papstes zum Miteinander der Religionen in Abu Dhabi zählt zu den wichtigen programmatischen Texten des Pontifikats. Eine ähnliche Rede hielt er im April 2017 bei seinem Besuch der Al-Azhar-Universität in Kairo. Bereits Ende März fährt Franziskus nach Marokko. Diese Reisen sind Teil der Bemühungen des Papstes, eine Allianz der Religionsvertreter zu schmieden, die sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen. Dabei ist er sich bewusst, dass die Früchte seiner Bemühungen nicht unmittelbar zu erkennen sind. Doch er setzt auf die Macht der Bilder, die zeigen, dass Vertreter unterschiedlicher Kulturen und Religionen friedlich miteinander in Dialog treten können, ohne dabei die eigene Identität zu verleugnen.

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