Salvini: Migranten der „Sea-Watch 3“ sollen nach Deutschland
Berlin (Welt) - Italiens Innenminister Matteo Salvini nimmt im Ringen um das blockierte Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch erneut die Bundesregierung in die Pflicht. Die geretteten Migranten könnten in Italien nur an Land gehen, wenn sie anschließend von Deutschland oder den Niederlanden aufgenommen werden, erklärte Salvini am Dienstag. In Italien seien schon „zu viele aufgenommen und zu viel ausgegeben“ worden. Die „Sea-Watch 3“ fährt unter niederländischer Flagge.
Die Ankündigung kam kurz nachdem die Hilfsorganisation am Montag den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingeschaltet hatte. Die Helfer auf der „Sea-Watch 3“ haben bereits vor rund zehn Tagen 47 Migranten vor Libyen aufgenommen. Das Schiff harrt derzeit vor der sizilianischen Küste aus, weil es in Italien nicht anlegen darf.
„Politische Geiselnahme“ vermutet
„Wir können nicht länger hinnehmen, dass die europäischen Staaten gemeinschaftlich das Seerecht brechen, und wir können nicht akzeptieren, dass Seenotrettung von EU-Verhandlungen abhängig gemacht wird“, sagte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer der Deutschen Presse-Agentur. Salvini warf er vor, die Flüchtlinge als „politische Geiseln“ zu nehmen.
Der Minister wolle die Verantwortung „auf die Niederlande abwälzen“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Das Seerecht sei aber „klar“: Die Flüchtlinge müssten „in den nächsten sicheren Hafen gebracht werden“. Er rechne noch am Dienstag mit einer Entscheidung der Straßburger Richter, sagte der „Sea-Watch“-Sprecher weiter.
Die Niederlande haben die Aufnahme der Migranten aber bereits am Montag abgelehnt. Ohne „umfassende Lösung“ sei Den Haag nicht zur Aufnahme der vor der Küste Siziliens festsitzenden Flüchtlinge bereit, sagte ein Sprecher des niederländischen Justizministeriums der Nachrichtenagentur AFP. Migrationsminister Mark Harbers hatte seine harte Linie bereits am Wochenende so erklärt: Die Besatzung habe die Menschen auf eigene Initiative hin aufgenommen. Es liege deshalb in der Verantwortung des Kapitäns, einen Hafen für die Geretteten zu finden. Auch die deutsche Bundesregierung hatte eine Aufnahme der Flüchtlinge vorerst abgelehnt.
Narben von angeblichen Folterungen
Das Rettungsschiff “Sea-Watch 3“ hatte die Asylsuchenden am 19. Januar vor der libyschen Küste aufgenommen. Wegen eines Sturmtiefs ankert es derzeit. Die italienische Küstenwache hatte die an Bord befindlichen Migranten zuletzt mit Socken, Schuhen, Brot und Obst versorgt.
Mehrere italienische Oppositionspolitiker haben das Rettungsschiff mittlerweile besucht, um sich persönlich ein Bild von der Lage an Bord zu machen. Die Gewässer im Umkreis von einer halben Seemeile sind deshalb bis auf Weiteres von der Küstenwache gesperrt worden. Einige der Flüchtlinge an Bord der „Sea-Watch 3“ hätten Narben von Folter gehabt, die sie in Libyen erlitten hätten, erklärte Nicola Fratoianni von der Partei „Italienische Linke“ nach seinem Besuch auf dem Schiff.