Schäuble hält die von AKK geplante Aufarbeitung der deutschen Migrationspolitik für überflüssig
Berlin (Welt) - Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat sich deutlich
gegen die von der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer geplante
Aufarbeitung der deutschen Migrationspolitik ausgesprochen. „Vor allem in der
Flüchtlingspolitik ist es uns nicht rechtzeitig gelungen, in der weltweiten
Kommunikation die Balance zwischen Hilfsbereitschaft und der Begrenztheit
unserer Mittel herzustellen“, sagte der CDU-Politiker der „Stuttgarter Zeitung“
und den „Stuttgarter Nachrichten“. „Das sollte heute unumstritten sein – bei
allem Respekt, da braucht es keine Aufarbeitungskommission.“
Kramp-Karrenbauer will das Thema Migrationspolitik auf einem
„Werkstattgespräch“ ihrer Partei am 10. und 11. Februar umfassend diskutieren
wie WELT vergangene Woche berichtete, um den internen Streit darüber endgültig
zu beenden. Mit Experten soll eine Bilanz gezogen und die Funktionsfähigkeit
der Instrumente geprüft werden. Eine Debatte über die Migrationspolitik von
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) solle nicht künstlich ausgeklammert werden, hatte
Kramp-Karrenbauer gesagt.
Schäuble sieht in der Flüchtlingspolitik auch einen wichtigen Grund für
den Aufstieg der Rechtspopulisten. Nach der Ursache dafür gefragt, verweist er
in dem Interview auf die Migrationspolitik und führt weiter aus: „Dann haben
wir auch noch eine Ost-West-Debatte daraus gemacht – ich war von Anfang an
dagegen, eine gemeinsame Flüchtlingspolitik in erster Linie an der Frage der
Verteilung von Flüchtlingen festzumachen. Die kann man nicht dekretieren. Wir
hätten die Rechtsverbindlichkeit der Quote nicht in den Vordergrund der Debatte
schieben dürfen – das war im Nachhinein nicht klug.“
Trotz des Erstarkens von Populisten hält er die Demokratie für stabil.
Schäuble warnte vor „falschen Dramatisierungen“ und sagte: „Wir hatten zuvor
eine Entwicklung, dass immer mehr Menschen das Gefühl hatten, dass das, was sie
denken und empfinden, in Bundestagsdebatten nicht vorkommt. Ob man das mag oder
nicht – heute haben weniger Menschen Grund zu dieser Annahme. Ich kann nur
raten: Macht doch mal halblang!“