Herausgegeben vom CEMO Centre - Paris
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"Anti-Abschiebe-Industrie" ist das Unwort des Jahres 2018

Mittwoch 16.Januar.2019 - 05:09
Die Referenz
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Berlin (Zeit) - "Anti-Abschiebe-Industrie" ist das Unwort des Jahres 2018. "Der Ausdruck unterstellt denjenigen, die abgelehnte Asylbewerber rechtlich unterstützen und Abschiebungen auf dem Rechtsweg prüfen, die Absicht, auch kriminell gewordene Flüchtlinge schützen und damit in großem Maßstab Geld verdienen zu wollen", teilte die Jury um Sprecherin Nina Janich, Professorin an der Technischen Hochschule Darmstadt, mit. Neben Janich gehören drei Sprachwissenschaftler und ein Journalist dem Gremium an. Ergänzt wird es jedes Jahr um einen Gast.

 

Das Unwort 2018 geht auf den CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindtzurück. Er hatte im Mai 2018 die angeblich "aggressive Anti-Abschiebe-Industrie" in Deutschland kritisiert. Wer mit Klagen versuche, die Abschiebung von Kriminellen zu verhindern, arbeite nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden, hatte Dobrindt gesagt. Es sei "nicht akzeptabel", wenn dadurch "die Bemühungen des Rechtsstaates sabotiert und eine weitere Gefährdung der Öffentlichkeit provoziert wird".

 

Das Unwort des Jahres wurde damit zum 28. Mal gekürt. Der Jury geht es dabei um Begriffe, die aus ihrer Sicht gegen das "Prinzip der Menschenwürde" oder gegen "Prinzipien der Demokratie" verstoßen, weil sie gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder "euphemistisch, verschleiernd oder irreführend" sind. 2016 fiel die Wahl auf "Volksverräter", 2017 lautete das Unwort "alternative Fakten". 

 

Für das vergangene Jahr waren laut Janichetwa 900 Einsendungen mit mehr als 500 Vorschlägen eingegangen. Das "Unwort des Jahres" wird seit 1991 gekürt. Für das Jahr 2018 wurden etwas weniger Vorschläge als sonst eingeschickt. Seit Mitte der Neunzigerjahre seien stets mehr als 1.000 Einsendungen gezählt worden, in einigen Jahren sogar mehr als 2.000. 

 

Unter den häufigsten Einsendungen waren der Jury zufolge der vom heutigen bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder benutzte Begriff "Asyltourismus" sowie der von AfD-Chef Alexander Gauland verwendete Begriff "Vogelschiss". Beim Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation hatte Gaulandgesagt: "Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte." Der Satz fiel nach einem Bekenntnis von Gauland zur Verantwortung der Deutschen für den Nationalsozialismus mit Millionen ermordeten Juden und Millionen Kriegstoten. Die Häufigkeit eines Vorschlags spielt für die Entscheidung der Jury keine Rolle.

 

 

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