Juso-Chef Kevin Kühnert schießt gegen Merkel
Berlin/München - Merkur.de - Der Dezember ist traditionell die Zeit der Jahresrückblicke. Juso-Chef Kevin Kühnert hat kurz vor Weihnachten aber noch etwas weiter ausgeholt - und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein verheerendes Zeugnis für ihre mittlerweile gut 13 Jahre währende Amtszeit ausgestellt.
Merkel sei „bestimmt eine nette, liebe Frau. Sie macht einen ganz lustigen Eindruck als Person und hat einen feinen Humor“, sagte Kühnert in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit dem Portal web.de. Allerdings sei ihr Amtsstil„Gift“ für die politische Diskussion.
„Als Teil einer jüngeren Generation, die mit der Kanzlerin Merkel groß geworden ist, habe ich den Eindruck, dass die politische Debatte in Deutschland bei vielen Themen eingeschlafen ist“, rügte Kühnert: Die Bundeskanzlerin, die von Amts wegen „den meisten Einfluss hat, Vorgaben und Vorschläge machen könnte“, stehle sich aus dieser Rolle heraus.
Kühnert kritisiert Merkel: Amtszeit eine „große Hypothek“ für „alle, die nach ihr kommen“
Das habe bittere Konsequenzen, urteilte Kühnert weiter: Mittlerweile hätten immer mehr Menschen das Gefühl, nicht gehört zu werden und würden darüber „wütend“, sagte der Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation weiter. „Das fällt am Ende auf die Demokratie und die demokratischen Parteien insgesamt zurück. Da hat Frau Merkel, wenn sie mit ihrer Amtszeit fertig ist, eine große Hypothek hinterlassen für alle, die nach ihr kommen.“
Allerdings deutete er auch ein mögliches Koalitions-Aus für den Fall eines vorzeitigen Rückzugs Merkels aus dem Kanzleramt an. „Welches Interesse sollte die SPD haben, die nächste Kanzlerkandidatin der Union schon mal ein wenig im Amt trainieren zu lassen?“, sagte er mit Blick auf eine mögliche Amtsübergabe an Annegret Kramp-Karrenbauer. „In diesem Fall wären wir wohl wieder auf den Beginn des Jahres 2018 zurückgeworfen – alles zurück auf Start.“
Koalitionsvertrag als Hemmschuh? Kühnert wünscht sich neue Arbeitsweise
Auch die Arbeitsweise der Großen Koalition kritisierte Kühnert. „Der aktuelle Koalitionsvertrag ist gerade mal ein Dreivierteljahr alt, und wir haben jetzt schon ganz viele Themen auf der Tagesordnung, die in diesem Vertrag gar keine große Rolle gespielt haben“, monierte er in dem Gespräch mit web.de.
Koalitionsverträge über vier Jahre zu schließen und dann minutiös abzuarbeiten, sei als Arbeitsweise nicht mehr angemessen. Besser sei es, sich bewusst Spielräume zu lassen, in denen „auch mal freie Mehrheiten gesucht werden“: „Dann heißt es nämlich nicht, dass man überhaupt nichts im Bundestag durchsetzen kann, wenn man nicht in der Regierung vertreten ist.“
Seine eigene Partei warnte Kühnert davor, nur auf Umfragewerte zu schielen. „Die Menschen wollen sehen, ob man es ernst meint, ob man langfristige Konzepte hat für das, was man in der Gesellschaft ändern will“ - dafür brauche es Zeit und Überzeugungen und „gerade nicht dieses permanente Hecheln nach ein bisschen Zustimmung“.