Das neue Einwanderungsgesetz mit großen Erwartungen
Berlin (Reuters) - Mit dem ersten Einwanderungsgesetz in der Geschichte der Bundesrepublik für Fachkräfte verbindet die Bundesregierung große Erwartungen.
Das Wachstum könnte nach Worten von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) um 0,5 bis ein Prozent höher ausfallen, wenn nach Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2020 keine Arbeitsplätze wegen Fachkräftemangels unbesetzt blieben. “Es ist ein Gesetz, das einlädt”, sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Mittwoch. Das Kabinett hatte zuvor das Einwanderungsgesetz wie auch eine Beschäftigungsduldung für abgelehnte Asylbewerber auf den Weg gebracht. Es gehe um “Zuwanderung nicht in die Arbeitsämter, sondern in die Arbeitsplätze”, sagte Innenminister Horst Seehofer (CSU).
Das Gesetz zielt auf Fachkräfte aus Staaten außerhalb der Europäischen Union (EU), da innerhalb der EU Arbeitskräfte schon volle Freizügigkeit genießen. Qualifizierte Arbeitnehmer aus Drittstaaten sollen leichter einwandern können, um den von der Wirtschaft beklagten Fachkräftemangel zu lindern. Zuletzt gab es in Deutschland nach einer Erhebung des IAB-Forschungsinstituts eine Rekordzahl von 1,24 Millionen offenen Stellen. Mit einem zweiten Gesetzentwurf wird eine sogenannte Beschäftigungsduldung für abgelehnte Asylbewerber eingeführt, die seit mindestens 18 Monaten einen sozialabgabenpflichtigen Arbeitsplatz haben. Ihnen droht dann für 30 Monate keine Abschiebung mehr.
Auf das von der Wirtschaft einhellig begrüßte Einwanderungsgesetz hatte sich die Regierung in den Details erst am Dienstag verständigt. Seehofer rechnet nun mit “intensiven Beratungsverfahren” im Bundestag. Die CDU-Innen- und Wirtschaftspolitiker Mathias Middelberg und Joachim Pfeiffer hatten in einem Schreiben an Seehofer und Altmaier gewarnt, der ursprüngliche Entwurf sei bei der Beschäftigungsduldung für Asylbewerber und den Regelungen für eine Ausbildungsplatzsuche in Teilen “aus fachpolitischer Sicht nicht zustimmungsfähig”.
“Das waren gute Verhandlungen, immer ergebnisorientiert, aber gelegentlich auch eine Geduldsprobe und auch eine Nervenprobe”, sagte Seehofer. Das Ergebnis sei aber “sehr gut”. Erstmals dürfen auch beruflich qualifizierte Fachkräfte für bis zu sechs Monate ohne konkretes Jobangebot zur Arbeitssuche kommen. Für Akademiker gibt es diese Möglichkeit bereits. Arbeitsminister Heil sagte, vielerorts stelle die “Fachkräfteklemme schon ein Wachstumshemmnis” dar.
Die Bundesvereinigung der Arbeitgeber begrüßte, dass der Gesetzentwurf “zentrale Forderungen der Wirtschaft aufgenommen” habe, und mahnte: “Es ist wichtig, dass die Pläne im parlamentarischen Verfahren nicht verwässert werden.” Der Zentralverband des Handwerks sprach von einer “ausgewogenen Balance zwischen arbeitsmarktorientierten Erfordernissen und berechtigten innen- und asylpolitischen Erwägungen”. Der Deutsche Städtetag zeigte sich überzeugt, dass das Gesetz dazu beitragen werde, den Fachkräftemangel zu verringern.