Ein neues Kapitel zwischen CDU und CSU
Berlin - Markus Söder erklärte nach der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer zur CDU-Chefin, dass "CDU und CSU wieder enger zusammenrücken und gemeinsam für unser Land arbeiten" müssten. Der CSU-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Thomas Kreuzer, sagte, dass der spannende Wettkampf ein Gewinn für die CDU und für die Demokratie gewesen sei. Und CSU-Generalsekretär Markus Blume meinte nach der Wahl, dass die CSU mit allen drei Kandidaten gut hätte zusammenarbeiten können.
Tatsächlich ist für die CSU wichtig, dass überhaupt eine neue CDU-Parteivorsitzende gewählt wurde. Viele in der Münchener Parteispitze sahen Angela Merkel außerordentlich kritisch. Das geht hauptsächlich auf den Herbst 2015 zurück, als man die im CSU-Land Bayern ankommenden Flüchtlingsströme der Politik von Kanzlerin Merkel zurechnete und ihr die Schuld an einem vermeintlichen "ungeordneten Zuzug" von Migranten vorwarf.
Nicht wenige in der CSU halten Merkel auch für die Hauptverantwortliche für den Aufstieg der AfD. Dieser Unmut über die Kanzlerin hat sich auf eigentümliche Weise über die letzten Jahre gehalten und hat durch die CSU-Wahlschlappen im Bund und in Bayern eher noch an Schärfe gewonnen. So hörte man in den letzten Tagen in CSU-Kreisen häufig die Auffassung: Hauptsache Merkel macht nicht mehr weiter.
So hatte sich in der CSU in den letzten Wochen kein wirklicher Favorit unter den drei CDU-Kandidaten herauskristallisiert. Intern hatte der künftige CSU-Vorsitzende Markus Söder seine Nähe zu Jens Spahn betont. Das geht noch auf eine alte Freundschaft und Seelenverwandtschaft zwischen Spahn und Söder aus Junge-Unions-Tagen zurück. Söder war aber Realist genug, um zu wissen, dass Spahn keine Chance haben würde.
Viele in der CSU hatten Friedrich Merz favorisiert. Vor allem wegen der größeren Gemeinsamkeit mit dessen Flüchtlingspolitik. Die Sozialpolitiker in der CSU sahen bei Merz dagegen deutliche Defizite in der Politik für die kleinen Leute.
Kontrovers sind auch die Einschätzungen in der CSU zu der Wahlsiegerin Annegret Kramp-Karrenbauer: Die einen halten sie für eine treue Anhängerin von Angela Merkel und halten ihre Abgrenzungsversuche von der Kanzlerin für nicht glaubhaft. Man hört aber interessanterweise auch die Einschätzung, dass die eher bodenständige Katholikin Kramp-Karrenbauer gut zur Mentalität der traditionellen CSU passe.
Jedenfalls hofft man mit der Wahl in Hamburg auf ruhigere Zeiten zwischen CDU und CSU. Annegret Kramp-Karrenbauer und der designierte CSU-Vorsitzende Söder stehen sich zunächst einmal relativ neutral gegenüber. In München hat man noch den erbitterten, durchaus persönlichen Streit zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer in schlechtester Erinnerung. Nicht wenige in der CSU halten diese Querelen als eine der Ursachen für die schlechten Wahlergebnisse der Schwesterparteien. Und in der CSU-Spitze geht man davon aus, dass mit Kramp-Karrenbauer und Söder auch wieder mehr inhaltliche Gemeinsamkeiten in der Union sichtbar werden.
Und noch ein Aspekt wird in der CSU gesehen: Weil Friedrich Merz nicht gewählt wurde, sei der CDU in Berlin ein möglicherweise erbitterter Streit zwischen Merz und Merkel erspart geblieben. Zwischen CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Kanzlerin Angela Merkel ist jetzt eher eine reibungslose Zusammenarbeit wahrscheinlich. Markus Söder wird als neuer starker Mann der CSU bei der Unionsschwester auf etwas ruhigeres Fahrwasser treffen.